31. August 2007
23. August 2007
Wo die Liebe hinfällt
13. August 2007
SONNTAGS um zehn [...]
Weil der Berliner Rabbiner Andreas Nachama den Gottesdienst mitgestaltete, bezogen Polizisten vor der Kirche in der Stierstraße Posten. Gefährlich auffällig wurde allerdings niemand – allenfalls ein wenig laut. Der jüngste der ansonsten überwiegend älteren Kirchgänger, ein Blondschopf fast noch im Windelalter, kommentierte fröhlich krähend den Gottesdienst, den Pfarrer Wolfgang Blech leitete. Orgel, Keyboard und Kontrabass begleiteten das Geschehen, und die junge Kantorin Esther Hirsch sang mit glockenheller Stimme jüdische Gebetslieder. 12. August 2007
Israeltag in Berlin: Andreas Nachama, der frühere Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, predigt am Sonntag in der evangelischen Philippuskirche im Stadtteil Friedenau. Anlass des jüdisch- christlichen Gottesdienstes ist der Israelsonntag, mit dem jedes Jahr an die Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch die Römer im Jahr 70 nach Christus erinnert wird. 9.August 2007
Alles wird neu
Eine erfreuliche Entwicklung für die von Andreas Nachama und Albert Meyer sozusagen an historischem Ort wiedergegründete liberale Betergemeinschaft. Bis 1994 war hier das Chaplain Center der US Armee untergebracht, in dem jüdische Gottesdienste für Soldaten der Besatzungsmächte angeboten worden waren. Mit 15 Betern hätten sie 1999 in den Räumen der amerikanischen All-Saints- Church angefangen, erzählt Nachama. Jährlich seien etwa 15 bis 20 Interessierte dazukommen. Die Gemeinschaft sei in den acht Jahren ihres Bestehens kontinuierlich gewachsen, sodass sie nun nach einem neuen Haus suchten. Einen Sponsor gebe es bereits, allerdings noch keine passende Immobilie. Auf jeden Fall soll das neue Domizil wieder in Steglitz-Zehlendorf sein. „Wir hoffen, dass wir nun bald etwas finden und in drei bis vier Monaten umziehen können“, meint Nachama. Je nach Räumlichkeit soll ein entsprechendes Konzept ausgearbeitet werden. Entweder gebe es nur wieder eine Synagoge, oder aber, wenn noch mehr Räume neben dem Gotteshaus genutzt werden könnten, hoffen die Mitglieder der „Synagogengemeinde“, dass dort noch andere jüdische Einrichtungen entstehen oder mit einziehen. Auch innerhalb der Jüdischen Gemeinde zu Berlin geht die Beterschaft des Hüttenweges eigene Wege: Seit Kurzem heißt sie „Synagogengemeinde Berlin Sukkat Schalom“. Den Namen hatte der Vorstand vorgeschlagen, sagt Benno Simoni, der seit sieben Jahren mit dabei ist. Die bisherige offizielle Bezeichnung „Betergemeinschaft“ hätte sich zu christlich angehört, meint er. „Trotz des neuen Namens bleiben wir weiterhin eine Synagoge unter dem Dach der Einheitsgemeinde“, betont Simoni. Andererseits würde er eine Verselbstständigung der Synagogengemeinden in Berlin begrüßen, sagt Andres Nachama. Die jetzige Situation sei unbefriedigend. Ihm schwebt als Zukunftsmodell eine Gemeinde vor, die nur als Dachorganisation der einzelnen Synagogengemeinden fungiert, die dann selbst eine größere Eigenständigkeit erhalten sollten. In anderen Bundesländern gebe es Landesverbände, bei denen die einzelnen Gemeinschaften Mitglied sind. So könne man auch in Berlin die Einheitsgemeinde bestehen lassen, zugleich könnten die einzelnen Synagogen ein Stück selbstständiger und zudem gleichberechtigt nebeneinander auftreten. „Damit hätte jeder einen Ort, an dem er sich entfalten und bestimmen könnte“, meint Nachama. Die einzelnen Einrichtungen dürften sich nicht gegenseitig bevormunden. „Es gibt nichts Misslicheres, als wenn eine größtenteils orthodoxe Gemeinde über einen Reformrabbiner zu entscheiden hat“, sagt Nachama. Derzeit entscheide die Repräsentantenversammlung (RV) darüber, wer als Rabbiner eingestellt wird. Die Beter der jeweils betroffenen Synagogen hätten lediglich ein Mitspracherecht. Auch Julius H. Schoeps, Leiter des Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrums, ist Beter der Synagoge. Er sagt, dass „aus dem Hüttenweg heraus etwas Neues entstehen“ könne, wenn nach den Gemeindewahlen im November die Liberalen und die Vertreter des Reformjudentums nicht mehr in der RV vertreten sein sollten. Eine bestehende Synagoge könne man nicht vom Reformkurs abbringen, sie habe einen eigenen Charakter, unterstreicht Andreas Nachama. Erst im Winter hatte sich die Beterschaft der World Union for Progressive Judaism, der Weltunion progressiver Juden angeschlossen. Vieles ändert sich, eines bleibt auf jeden Fall, versichert der Rabbiner – das Bemühen, für noch mehr Beter attraktiv zu sein. „Eine Synagoge definiert sich immer neu, zufrieden kann man nie sein.“ 6. August 2007 Eine zeitgemäße Form des Erinnerns Das Touro-College im Berliner Westen ist Deutschlands einzige jüdische Hochschule. Hier werden seit 2003 Wirtschaftswissenschaftler ausgebildet. Mit dem neuen Institut für Vermittlung und Kommunikation über den Holocaust betritt die Privatuniversität Neuland. "Es gibt keinen vergleichbaren Studiengang in ganz Europa", sagt der Gründungsdekan Andreas Nachama. Die Einrichtung hatte bereits vor zwei Jahren Ihren Betrieb aufgenommen, allerdings bis dato nur als Forschungsinstitut mit dem Ziel, Forschungsergebnisse über den Holocaust zusammenzuführen und zu vergleichen. Mit dem kommenden Wintersemester startet jedoch der staatlich anerkannte Masterstudiengang über die Vermittlung und Kommunikation des Holocaust. "Wir brauchen eine alternative, zeitgemäße Form des Erinnerns, mit der wir der oft als verordnet empfundenen Trauer- und Erinnerungsarbeit entgegentreten", sagt Nachama. Der Historiker und Rabbiner, der zugleich Chef des NS-Dokumentationszentrums Topografie des Terrors ist, kennt sich seit vielen Jahren aus in der Berliner Gedenkstätten- und Erinnerungslandschaft. Zielgruppe des Studiums seien Historiker, Mitarbeiter von Museen und Gedenkstätten, Lehrer, aber auch Journalisten. "Zu einem Zeitpunkt, da die Zeitzeugen aussterben, müssen wir neue, moderne Formen der Wissens- und Wertevermittlung finden", sagt Nachama. Denn wenn kein Überlebender mehr direkt zu Schülern sprechen kann, dann wird das auch die Erinnerung an den Holocaust verändern. Aus einer durch Erzählen vermittelten, erlebten Geschichte wird eine werden, die sich über Medien und Erinnerungsorte vermittelt und vergleichsweise starr wirkt. Gelernt werden soll, wie eine Ausstellung konzipiert und realisiert wird. […]
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