Tagebuch

16. Dezember 2004

 Jüdische Allgemeine

Licht aus?
Der „Jüdische Kulturverein“ feierte Chanukka
und steht vor einer unsicheren Zukunft
Kahtrin Schrader

[...] Die Matadoren des Vereins haben ja schon oft dessen Ende angedroht“, sagt Andreas Nachama, der Direktor der Topographie des Terrors. „Der Verein würde eine große Lücke hinterlassen.“ Der Rabbiner begleitete seinen Vater, den vor fünf Jahren verstorbenen Oberkantor Estrongo Nachama, häufig in den Ostteil der Stadt, als Berlin noch zweigeteilt war. Die meisten Mitglieder des Vereins kennt er seit damals. „Ich erinnere mich gern an die Chanukka-Bälle im Café Moskau. Es herrschte eine familiäre Atmosphäre. Etwas davon lebt im Jüdischen Kulturverein weiter.“ [...]


14. Dezember 2004  

Das Wort "Zigeuner" kommt für Roma nicht in Frage
Petra Kappe Berlin

Im Schatten des Stelenfeldes schwelt der Streit um das geplante Mahnmal für Sinti und Roma. Kulturstaatsministerin Christina Weiss versichert: "Wir werden das Mahnmal bauen." Doch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat zunehmend Zweifel.[...]
Der frühere Vorsitzende der Vereinigung gegen Vergessen, Hans Koschnick, sprach von einer "unwürdigen - in Sonderheit politisch belasteten - Auseinandersetzung" und warnte: "Eine weitere Verzögerung der Umsetzung des geplanten Mahnmals würde nach meiner festen Überzeugung der gebotenen Wahrhaftigkeit eines Gedenkens an den Völkermord an Sinti und Roma Schaden zufügen." Auch der ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlin drängt auf eine Lösung. Beginne der Bau nicht mehr vor der Einweihung des Holocaustmahnmals, so Andreas Nachama, werde auch dessen Akzeptanz Schaden nehmen.


9. Dezember 2004 

Andreas Nachama spricht über das Judentum
Henry-Ford-Bau, Garystr. 35, Hörsaal A,

"Das Judentum und seine Haltung zu anderen Religionen", so lautet der Titel der Vorlesung von Dr. Andreas Nachama in der Ringvorlesung "Ein neuer Kampf der Religionen?" In dieser Vorlesungsreihe werden Kernaspekte von Staat, Recht und religiöser Toleranz aus interdisziplinärer und internationaler Perspektive behandelt. Konzipiert wurde die im wöchentlichen Turnus stattfindende Vorlesungsreihe von Prof. Dr. Hubert Rottleuthner und Dr. Matthias Mahlmann vom Institut für Rechtssoziologie und Rechtstatsachenforschung der Freien Universität Berlin (FU).

Der Rabbiner und Publizist, Dr. Andreas Nachama, ist in der Öffentlichkeit besonders als Geschäftsführender Direktor der Stiftung Topographie des Terrors (seit 1994) und als Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin (1997 bis 2001) bekannt. In seiner Vorlesung beleuchtet er die Stellung des Judentums zu anderen Religionen in unserer einerseits von Säkularisierung und andererseits von Fundamentalismus charakterisierten Welt.


30. November 2004

«Topographie»-Chef fordert
Verschärfung des Versammlungsrechts

Der Geschäftsführer der Berliner «Topographie des Terrors», Nachama, hält die geplante NPD-Demo im kommenden Jahr am Brandenburger Tor für «nicht tolerabel». Im Gespräch mit der Netzeitung forderte er ein schärferes Versammlungsrecht. 
Andreas Nachama, Geschäftsführender Direktor der Stiftung «Topographie des Terrors», hofft, dass die geplante Demonstration der rechtsextremen NPD am 8. Mai kommenden Jahres noch verhindert werden kann. Ein Aufmarsch der NPD am Brandenburger Tor unweit des künftigen Holocaust-Mahnmals sei «natürlich nicht tolerabel», sagte Nachama im Gespräch mit der Netzeitung.
.Er hoffe daher, dass «diejenigen, die bei Gericht die Bedenken vortragen, die richtigen Argumente und auch die richtigen Paragrafen bei der Hand haben, um das verhindern zu können», fügte der «Topographie»-Chef hinzu. Zugleich sprach er sich für ein schärferes Versammlungsrecht aus. Zwar dürfe die Meinungsfreiheit «nicht flächendeckend ausgeschlossen» werden. «Allerdings halte ich es für folgerichtig und auch an bestimmten Stellen für notwendig, Demonstrationen zu verbieten», sagte Nachama. mehr


27. November 2004

Topographie: Abbruch zum Aufbruch
Nach der Niederlage des Architekten Zumthor beginnt nächste Woche der Abriss der Treppentürme
Christian van Lessen


„Am Montag fangen wir an“, kündigt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung an. Sie will diesmal nichts entwickeln, sondern beseitigen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde des Architekten Peter Zumthor abgelehnt hat, soll der Abriss der Treppenhaustürme auf dem Gelände der Topographie des Terrors am Montag vorbereitet werden. Am Donnerstag beginnt dann der wirkliche Abbruch der Bauten. „Ich schaue mir das nicht an“, sagt Andreas Nachama, Geschäftsführender Direktor der Stiftung Topographie des Terrors. Das ganze Verfahren, der jahrelange Stillstand, das viele, in den Sand gesetzte Geld – das sei sehr schmerzlich gewesen, sagt er. Aber nun könne man wieder nach vorn schauen. Das Gelände solle, von Türmen befreit, bis zum 8. Mai der Öffentlichkeit wieder zugänglich werden. [...]



Das Gericht habe mit Augenmaß entschieden, meint dagegen Andreas Nachama. Es sei dem Standort nie angemessen gewesen, eine reine Bau- und Kostendiskussion zu führen. Die Entscheidung der Verfassungsrichter bringe Planungssicherheit und auch die nötige Freiheit für eine angemessene, würdige Gestaltung. „Keine Baukunst, nicht ein Neubau, sondern das Gelände mit seiner Geschichte stehen im Vordergrund.“ Die Zumthor-Befürworter der vergangenen Tage, sagt Nachama, hätten das nicht gesehen, „sondern die jahrzehntelange Verdrängungsgeschichte durch Betonstäbe festschreiben wollen“.

[...] „Wir hoffen, dass nun die eigentliche Arbeit der Stiftung und deren Auseinandersetzung mit dem Wirken der Täter des NS-Regimes im Mittelpunkt stehen“, sagt Nachama. Dazu gehört, das Gelände in größerem Umfang wieder zugänglich zu machen, etwa die historischen Küchenkeller, und die Markierung der Zellenböden mit einem vorläufigen Dach zu versehen. Zeitprognosen für einen Neubau will er – die Erfahrung lehrt ihn – nicht nennen.


25. Nov.2004

"Gefragt sind radikale Schritte"
Experten debattieren in Neukölln über Integrationspolitik. Rabbiner Nachama: Religionsunterricht verzichtbar
KNA

Die Integration von Zuwanderern entzweit in Bezirke und Senat. In den letzten 25 Jahren habe die Stadt "überhaupt keine Integrationspolitik betrieben", sagte der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) am Dienstagabend auf einer Podiumsdiskussion der Evangelischen Akademie. [...]Der Rabbiner Andreas Nachama hält Religionsunterricht dagegen für verzichtbar. Migranten "den letzten Fluchtpunkt zu nehmen, indem man Religion in der Schule benotet", sei nicht sinnvoll. Um die Integrationschancen der Muslime zu verbessern, müssten "Sozial- und Bildungsprogramme aufgelegt werden, und zwar nicht nur für die, die in die erste Klasse kommen, sondern auch für 30-Jährige". Gefragt seien auch "radikale Schritte" wie etwa das Unterrichten von ausländischen Grundschülern in ihrer Herkunftssprache. [...]


18. Oktober 2004

Antisemitismus und Sozialabbau:
Nachama sieht gesellschaftlichen Paradigmawechsel
Von Max Brym

Im Monatsmagazin der VVN-BDA (Oktober/Novemberausgabe) ist ein Gespräch mit dem Direktor der Berliner Stiftung "Topographie des Terrors", Dr. Andreas Nachama, abgedruckt, der in dem Interview deutliche Worte zur gesellschaftlichen und politischen Situation in Deutschland findet.
Dr. Andreas Nachama sieht auf Grund aktueller innenpolitischer Ereignisse einen "gesamtgesellschaftlichen Paradigmawechsel" und größer werdende Herausforderungen, "wenn es nicht gelingt, die Indifferenz der Gesellschaft zu überwinden". Konkret geht Nachama auf die neue Qualität des Antisemitismus, die Gefährdung der Demokratie und den rasanten Sozialabbau ein. Der Antisemitismus ist laut Nachama in der alten Bundesrepublik "nie weg gewesen, jetzt trete er nur etwas anders auf, weil er in den Medien und in der Öffentlichkeit gesellschaftsfähig gemacht werde."
[...] Zudem ermöglichte das Bundesverfassungsgericht im Juni diesen Jahres erstmals nach 1945 einen Aufmarsch der nazistischen NPD gegen den Neubau einer Synagoge in Bochum. Diese Tatsache bezeichnet Nachama in dem Interview als Tabubruch. Der organisierte Antisemitismus wurde durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts legitimiert. Zu dieser Realität erklärte Nachama: "Antisemitismus ist keine Meinung, Antisemitismus ist ein Verbrechen, er ist in seiner Konsequenz immer Aufruf zum Mord". Durch die Legalisierung antisemitischer Mord- und Pogromhetze durch das Verfassungsgericht, stellt sich die Demokratie selbst in Frage.

[...]Nachama erklärt zu neuesten deutschen Entwicklung: "Ein Marsch gegen den Bau einer Synagoge wäre vor 20 Jahren nicht von einem Bundesverfassungsgericht genehmigt worden. Genau so wenig, wie die unsozialen Maßnahmen, die es heute gibt, vor zwanzig Jahren Bestand gehabt hätten".

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