"Der
Stein, den die Bauleute verwarfen, er ist zum Eckstein geworden."
Am 4. Mai 1918
in Saloniki, der bis 1911 größten jüdischen Metropole Europas, als Sohn
des Getreidehändlers Menachem Nachama und seiner Frau Oro geboren, nach
Besuch der jüdischen Elementarschule und des Französischen Gymnasiums
zum Getreidehandelskaufmann und Vorbeter ausgebildet, bei Kriegsbeginn
in die griechische Armee eingezogen, nach deren Niederlage nach Hause
zurückgekehrt und Pessach 1943 mit seiner gesamten Familie von Saloniki
nach Auschwitz deportiert.
Nach
Sklavenarbeit im Auschwitz Außenlager Golischau (Steinbruch), Verbringung
nach Sachsenhausen. Befreiung durch die Rote Armee auf einem Todesmarsch
bei Nauen (Brandenburg). Anschließend kam Estrongo Nachama nach Berlin,
weil ihm eine Zugverbindung nach Saloniki in Aussicht schien. Nach Thypuserkrankung
begann er schließlich zunächst als
Chorist im Synagogenchor Pestalozzistraße, um dann ab Schavuot 5707 (25.
Mai 1947) zunächst als Kantor, dann als Oberkantor über 50 Jahre diese
Synagoge zu einem Eckstein liberalen deutschen Judentums zu machen.
(Photo: Archiv Na)
Wer
hätte dem sefardischen Juden in Saloniki an seiner Wiege gesungen,
daß er einmal der Traditionsträger
der vom Berliner Komponisten Louis Lewandowski im 19. Jahrhundert geschaffenen
hebräischen Gebetsgesänge werden würde? Wer hätte dem 1943 nach Auschwitz
Deportierten verheißen, er würde das Inferno überleben und in Berlin im
Zentrum des Bösen über fünf Jahrzehnte zur Leitfigur der Berliner Synagoge
Pestalozzistraße werden? Sein Lebensmotto nach der Befreiung wurde dann
zunehmend: "Der Stein, den die Bauleute verwarfen, er ist zum Eckstein
geworden." (Psalm 118)
Seit
Ende
der 40er Jahre war er auch im christlich-jüdischen Dialog in unzähligen
interreligiösen Gottesdiensten und Konzerten mit nichtjüdischen Chören
engagiert, um jüdische Gebetsgesänge landauf landab zu verkünden. Auch
nach Teilung der Stadt 1961 weiterhin auch für die jüdische Gemeinde im
Ostteil engagiert, wurde seine Stimme durch die wöchentliche Sabbatfeier
im Berliner Sender RIAS (seit 1948) zu einem Markenzeichen jüdischen Lebens
im Nachkriegsdeutschland. |
Wiedereinweihung
Synagoge Pestalozzistraße 1947
( Photo: Archiv Na) |
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