Tagebuch
30.
Mai 2003
Was bedeuten Christen für Juden?
Dabru Emet!
Eine jüdische Stellungnahme zu einem sich ändernden Christentum
Akademiedirektor Dr. Hans Hermann Henrix, Aachen (Moderation)
Prof. Dr. Michael Signer, USA
Prof. Dr. Michael Brumlik, Frankfurt/M
Prof. Dr. Hanspeter Heinz, Augsburg
Prof. Dr. von der Osten-Sacken, Berlin
Rabbi David Rosen, Jerusalem
Rabbiner Dr. Andreas Nachama, Berlin: "'Dabru
Emett' ist so oder so ähnlich formuliert in den vergangenen Jahrzehnten
des Dialogs zwischen Juden und Christen in Deutschland eher nicht als
zusammenhängendes Manifest, aber eben doch schon längst formuliert
worden. Insofern ist die 'Entdeckung' dieses amerikanischen Papiers so
wie vor etwa eineinhalb Jahrzehnten der Auftritt der ersten Kesmer-Formationen
aus den USA in Deutschland, die mit dem Anspruch kamen, etwas neu entdeckt
zu haben und uns etwas Neues zu präsentieren als hätte es hier
nicht immer traditionelle jüdische Musik von Lin Yaldati, über
Belina bis Jalda Rebling gegeben. Also es ist für mich nichts Neues
- ich könnte das Papier auch unterschreiben, das zwar einige Unschärfen
enthält, aber die könnten ja den Stoff für zukünftige
Diskussionen geben."
"Was bedeuten christliche Positionen für mich? - Gelegentlich
sind christliche Positionen zu Fragen unserer Zeit für mich von Bedeutung,
etwa Bischof Hubers Einlassungen zur Stammzellendebatte, die ich persönlich
wesentlich näher zu meinem Gottesglauben und meiner Position fand,
als die eher belanglosen Statements meiner Rabbinerkollegen. Also ich
finde meinen Glauben nicht nur in der Abgrenzug zum Christentum, sondern
zuweilen auch aus seinen Positionen. Daß es bei solcher Nähe
nicht nur glatt geht, sondern sich gelegentlich auch Reibungen ergeben,
muß ein Dialog ertragen können."
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31. Mai 2003 Berliner Zeitung |
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DIALOG
Suche nach dem Miteinander
Marlies Emmerich
[..] So ruft die vom Rabbiner Michael A. Singer aufgestellte These, der
Nazismus sei kein christliches Phänomen gewesen, Widerspruch hervor.
Der jüdische Wissenschaftler Micha Brumlik aus Frankfurt (Main) entgegnet:
"Das kommt mir nicht so leicht über die Lippen." Der Berliner
Rabbiner Andreas Nachama erzählt von den unguten Gefühlen, die
er bei Gedenkstättenbesuchen in ehemaligen Konzentrationslagern hatte:
"Wenn dort normale, unverdächtige Leute hingehen, nehme ich ihnen
ihre Scham und Schuld ab. Bei Politikern gelingt mir das weniger."
Die Probleme der Vergangenheit sind allen bewusst. Dennoch stellen die Diskutanten
fest, dass der Anfang gemacht sei - hin zu einem tief greifenden christlichen
Sinneswandel den Juden und dem Judentum gegenüber. (mm.)
25. Mai 2003
Synagoge im Jüdischen Krankenhaus
Buchpräsentation
Martin Riesenburgers Das Licht verlöschte nicht
Ein Zeugnis aus der Nacht des Faschismus
Herausgegeben und mit Beiträgen von Andreas Nachama und Hermann Simon,
Berlin 2003
Rudolf Weckerling, Jahrgang 1910, Pastor der Bekennenden Kirche, in einem
Brief am 13. März 2002:
"Sie erinnern sich, daß ich vor Jahren die Idee hatte, das
Büchlein von Rabbiner Riesenburger neu aufzulegen. Lange habe ich
nichts gehört. Eine Nachfrage ergab zu meiner großen Freude,
daß eine erweiterte Ausgabe schon fest im Plan ist, nur felhlen
noch zwei Manuskripte. Eins von Dr. Simon [...] und eines wird aus Ihrer
Feder erwartet, woran ich Sie hiermit in der eigennützigen Hoffnung,
das neue Buch vor meinem "Hinschied" (wie die Schweitzer sagen)
in den Händen zu halten, erinnere."
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Herausgeber und
Initiator
von links: Hermann Simon, Direktor des Centrum Judaicum und Mitherausgeber,
Mitte: Pastor Rulolf Weckerling Photo:
Archiv |
 Juli/August 2003 Unvergessen:
Martin Riesenburger, Landesrabbiner der DDR Rolf Bachmann
Für die Präsentation
eines Buch es über Rabbiner Martin Riesenburger gibt es kaum
einen geeigneten Raum als die neu geweihte kleinste Synagoge Berlins
im Jüdischen Krankenhaus Wenn gerade dort, in einer seiner
einstigen Wirkungsstätten, alle Plätze besetzt waren und
noch Stühle herangeschleppt werden mussten, spricht das dafür,
dass der schon 1965 verstorbene ehemalige Landesrabbiner der DDR
unvergessen ist. Und man war gespannt, was zwei Männer, die
dem großen Prediger und gütigen Menschen viel verdanken
über ihn zu sagen wussten: Hermann Simon, Direktor der Stiftung
Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum, und Andreas Nachama, geschäftsführender
Direktor der Stiftung Topographie des Terrors.
Die Wege der
beiden zu Lebzeiten Riesenburgers noch sehr jungen Männer zu
ihm waren unterschiedlich. Hermann Simon aus Ostberlin wurde von
ihm 1962 auf die Barmizwa vorbereitet und war, wie Nachama schreibt,
sein wichtigster Schüler. Andreas Nachama aus Westberlin erlebte
als Sohn des großen Kantors Estrongo Nachama, eines der engsten
Freunde Riesenburgers, gemeinsame Gottesdienste, gemeinsames Musizieren
und gemeinsame Kaffeetafeln der Freunde und führte mit dem
Prediger so manches ernste Und heitere Gespräch.[...] Die Lesung
lebte natürlich vor allem von den sehr persönlichen Eindrücken,
die Riesenburgers starke Persönlichkeit bei Simon und Nachama
hinterlassen hat, und das Auditorium hatte manchen Anlass zum Schmunzeln,
denn der Rabbiner bewahrte auch über die harten Jahre der Verfolgung
Humor und Lebensfreude. [...]
 31.
Juli 2003 Jüdische Allgemeine Gefühlvoller Seelsorger Erinnerungen
an Rabbiner Martin Riesenburger Nadja Bethlehem
[...]
Andreas Nachamas Begegnungen mit Riesenburger waren persönlicherer
Art, war dieser doch mit seinem Vater, Oberkantor Estrongo Nachama,
befreundet und amtierte bis zum Mauerbau gemeinsam mit diesem. Unvergessen
sind ihm jene Sonntagnachmittage, an denen die beiden musizierten
- Riesenburger, der ausgebildete Konzertpianist, begleitet den Gesang
Estrongo Nachamas auf dem Stutzflügel. "Riesenburger war
kein akademischer Historiker, kein kühler Analytiker, sondern
ein gefühlvoller Seelsorger, der seine Hand am Puls seiner
Gemeindemitglieder hatte", urteilt Andreas Nachama, "nicht
nur ein guter Kanzelredner, sondern ein packender Erzähler."
Davon künden die Predigten, in die Riesenburger immer wieder
gleichnishafte Geschichten einflocht.
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