17. Febraur 2009
Zehlendorf
Am Hüttenweg soll eine Synagoge gebaut werden
Katrin Lange
Die jüdische Gemeinde Zehlendorfs wächst. Der Mehrzweckraum des ehemaligen Chaplain Centers am Hüttenweg ist für die Gemeindemitglieder nicht nur umständlich in der Nutzung, sondern er wird bald zu klein. Deshalb soll auf dem Gelände des interreligiösen Gemeindezentrums eine Synagoge gebaut werden.
Die Thorarolle liegt verschlossen in einem schlichten braunen Schrank in einem Mehrzweckraum mit Tischen, Stühlen und Fernseher. Nichts lässt vermuten, dass sich dieser Raum regelmäßig in eine Synagoge verwandelt.
Jeden Freitagabend und Sonnabendmorgen beginnt das große Umräumen: Dann hält die Synagogengemeinde Sukkat Schalom in dem Multifunktionsraum des ehemaligen Chaplain Centers am Hüttenweg ihre Gottesdienste ab. Stühle einräumen, ausräumen, sich abstimmen mit den anderen Nutzern und das bei einer wachsenden Gemeinde - dieser Zustand ist nicht mehr haltbar. Deshalb soll jetzt auf dem Gelände des interreligiösen Gemeindezentrums eine eigene Synagoge für die jüdische Gemeinde entstehen.
Das Gebäudeensemble mit Kirche und Kita wurde seit 1957 von der US-Armee genutzt. Als "House of Tolerance" vereinigte das Areal schon immer katholische, protestantische und jüdische Glaubensgemeinschaften. Nach dem Abzug der US-Truppen übernahmen der christliche Verein "Saint David and All Saints" und der jüdische Verein Sukkat Schalom gemeinsam diese in Deutschland wohl einmalige Einrichtung mehrerer Religionsgruppen unter einem Dach.
Der Eröffnungsgottesdienst wurde im September 1999 gefeiert. Seitdem ist der Mehrzwecksaal wieder das Zentrum der interreligiösen Aktivitäten. Der Raum für 80 bis 100 Personen ist in der Woche mal Speisesaal, mal Chor-Probenraum, mal Treffpunkt. An den Wochenenden und jüdischen Feiertagen ist er eine Synagoge. "Das Problem ist, dass es oft terminliche Überschneidungen gibt", sagt Rabbiner Andreas Nachama, der die Gottesdienste am Hüttenweg hält.
Als einzige Reformsynagoge in Berlin habe die Gemeinde einen enormen Zulauf. Waren es anfangs zwischen zehn und 20 Mitglieder, sind es heute 200. Zu ihnen gehört Konstantin Münz aus Friedrichshain. Für ihn sei der Reformgedanke wichtig, also das traditionelle Judentum der modernen Zeit anzupassen und zu hinterfragen, welche Vorschriften noch zeitgemäß seien. Deshalb komme er an den Hüttenweg.
Das Zusammensein von Protestanten, Katholiken und der Synagoge soll in dem jüdisch-christlichen Begegnungszentrum erhalten bleiben. Wichtig sei nur, dass jeder seinen Raum für sich hat, sagt Andreas Nachama. Er stellt sich die neue Synagoge mit einem etwa 300 Quadratmeter großen Hauptraum für 150 bis 180 Leute vor. Geplante Kosten etwa 900.000 Euro.
Noch ist unklar, wie der Neubau realisiert werden soll. Die jüngste Idee sei eine aufgestockte Etage auf einem Teil des Gemeindezentrums, sagt Benno Simoni, stellvertretender Vorsitzender der Synagogengemeinde. Die Pläne sollen demnächst mit Steglitz-Zehlendorfs Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD) besprochen werden.
Der Bezirk ist der Eigentümer des Gebäudeensembles am Hüttenweg und unterstützt den Bau einer neuen Synagoge. "Für uns ist es wichtig, eine Lösung zu finden, die von allen Beteiligten vor Ort als Gewinn gesehen wird", sagt Stäglin. Er hat auch von den Bezirksverordneten den Auftrag erhalten, die Errichtung einer Synagoge voranzubringen. Sobald ein machbares Projekt vorliegt, will Stäglin die Baugenehmigung erteilen. |