Sukkot

 

Eine Sukka soll keine feste Behausung, kein dauerhaftes Haus, sondern eben eine provisorische, temporäre Unterkunft sein, aber andererseits sicher, einen zuverlässigen Schutz gewährend. Schließlich sollen zum Sukkotfest hier viele Menschen essen, trinken, singen und fröhlich sein. Bei schönem Wetter ist das kein Problem, schwierig wird es bei Regen. Denn das Dach wird aus Zweigen, Buschwerk, Stroh und ähnlichem lückenhaften Baumaterial gebildet, so dicht, dass mehr Schatten als Sonne einfällt, so licht, eineinhalb Handbreit , dass man in der Hütte die Sterne sehen kann. Eine Markise, ohnehin als Sukkadach nicht ganz koscher, hatte sich im Hof einer # Berliner Synagoge nach einem Regenguss in einen Wasserfall verwandelt und einigen Damen, die vor Gebetsende dahin geeilt waren, die Festfrisur zerstört. Der Rabbiner hob einen sozialen Aspekt des Sukkot hervor: die Ausgeglichenheit und Gerechtigkeit. In der Laubhütte sind alle Teilnehmer gleich, keiner wird hervorgehoben, keiner hat einen teuer bezahlten Extraplatz. Neben der Sukka gibt es ein weiteres Symbol des Sukkot, mit dem Herz und Auge erfreut werden soll - den Feststrauß. In der Thora ist festgelegt, woraus er bestehen soll: aus dem Etrog, der Frucht eines Zitrusbaumes, Lulaw, dem Palmenwedel, aus Myrte und Bachweide. Nachama erinnerte daran, wie kompliziert und kostspielig es einst für die Gemeinde oder einen Einzelnen war, die exotischen Teile des Feststraußes zu beschaffen. Nicht jeder war und ist dazu in der Lage. Doch auch hier herrscht ausgleichende Gerechtigkeit. Wem immer der Strauß gehört, hat er ihn in der vorgeschriebenen Weise in die vier Himmelsrichtungen, nach oben und unten geschwungen, gibt er ihn dem Nachbarn oder auch der Nachbarin weiter. So kommt der Strauß zu allen Festteilnehmern ohne Unterschied, an Arme und Reiche, an Ranghohe und einfache Helfer. Den Strauß beschafft zu haben, gibt keine Sonderrechte, es ist eine Mitzwa, so wie es eine Mitzwa ist, ihn weiterzugeben. Der Redner schloss mit philosophischen Gedanken über die Laubhütte ab. Auch der Frieden sei kein festes Gebäude, sondern eine fragile Hütte. Das Fest soll den Menschen helfen, ihn nicht als ungefährdete Selbstverständlichkeit zu nehmen, sondern sie mahnen, etwas für den Frieden zu tun. Sukkot soll auch die Frage stellen, wie gehen wir mit der Natur um, hören wir Signale, wie sie von New Orleans ausgehen? An einigen Stellen murmelte er: »Aber das ist ein anderes Thema.« Das wurde aufmerksam registriert. Auch dass er am Anfang sagte, er komme gerne in den Jüdischen Kulturverein, schon wegen der freundlichen Begrüßung. Können wir also auf ein baldiges Wiedersehen hoffen? Die nächste Begrüßung wird schon einstudiert.

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