Tagebuch
Wir alle kennen Augenblicke nach denen man tief Luft holt und seinem Schöpfer danken will, daß man sie eben heil überstanden hat. Die jüdische Tradition hat dafür das Gomel benschen vorgesehen, ein kurzer Segensspruch, den der zur Toraaufgerufene von einer Krankheit Genesene oder aus einer Gefahrensituation Gerettete nach der Schriftlesung sagt: Gelobt seist du, Ewiger unser Gott, König der Welt, der du Schuldigen Wohltaten erweist, daß du mir alles Gute erwiesen." Die Gemeinde würde dies mit dem Ruf bekräftigen: "Der dir alles Gute erwiesen hat, er wird dir alles Gute erweisen - SELA." Dankbarkeit ist aber nicht auf Extremsituationen
beschränkt. Dankbarkeit im Judentum ist existentieller Teil des täglichen
Hauptgebets, wochentags in der 18. Lobpreisung, am Schabbat im sechsten
Abschnitt. Es wird dreimal täglich gebetet, nimmt man die Wiederholungen
des Vorbeters hinzu sogar fünfmal. Diese Lobpreisung war schon Bestandteil
des priesterlichen Gottesdienstes im Tempel (BT: Sota 40a). Der Text im
Gebetbuch sagt: Nun empfangen wir nicht nur Gutes und Schönes, sondern zuweilen auch Hartes, unerwartet Schreckliches, wie Unfall, Krankheit, ja Tod. Die wohl drastischste Formulierung von Gotteslob ist das Kaddisch, das eben nicht vom Tod, sondern von der Verherrlichung Gottes handelt und vom Leidtragenden z.B. unmittelbar nach Bedeckung des Sarges mit Erde am Grab gesprochen wird. In 5 Moses 23,8 heißt es: "Auch den Ägypter sollst du nicht verabscheuen; denn ein Fremdling warst du in seinem Lande!" Dies heißt, daß auch den Ägyptern trotz der Sklaverei Dank dafür gebührt, dort die Hungersnot, die im ersten Buch Moses Jakob zu Joseph führte überstanden zu haben. Dank hat aber auch eine klassische Ausdrucksweise
in unserer Bibel: Der Psalm 50 (Vers 23) deutet es an: "Wer Dank
mir opfert, der ehrt mich " Im dritten Buch Moses 12 wird das Dankopfer
ganz präzise auch als solches benannt: Die Rabbiner betrachteten
das Dankopfer als eine höchste Form des Opfers; in der messianischen
Zeit würden alle Opfer außer dem Dankopfer unnötig werden.
Das Dankopfer würde ewig fortdauern, denn die Menschen sind, selten
dankbar genug. Die Zeit des Tempels und seiner Opfer ist dahin, geblieben
ist jedoch die Dankbarkeit. Im Fünften Buch Moses 8,10 lesen wir: Heißt das, daß man sich bei seinem Gastgeber nicht für ein Mahl bedanken muß, denn schließlich hat nicht er, sondern ER, der Ewige, es gegeben? Der Talmud sagt: "Obwohl der Wein dem Gastgeber gehört, danken wir dem Diener, der ihn serviert" (BT Baba Kamma 92b). Obwohl alles in der Welt Gott gehört, so danken wir den menschlichen Boten, die diese Segnungen an uns weiterleiten. Und so sprach letztlich Rabbiner Jehuda Teichtal
in meinem Büro einen schönen Segensspruch über ein Glas
Mineralwasser. Es sei uns in Erinnerung gerufen, daß jährlich
Millionen Menschen sterben, weil sie keinen Zugang zu sauberem Wasser
haben, denn es ist doch nicht selbstverständlich, so etwas sauberes,
gutes und lebensnotwendiges zu haben. Rabbi Alexander Ziskind sagt: Nichts
ist zu unbedeutend, um Gott nicht dafür zu danken. |
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